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Die Fischfauna im Naturschutzgebiet Kühkopf-Knoblochsaue - Ein Rückblick auf 27 Jahre fischökologische Untersuchungen

Dr. Egbert Korte, Forschungsinstitut Senckenberg - Sektion Ichthyologie
(erschienen in: RP Darmstadt (2002) (Hrsg.): 50 Jahre Naturschutzgebiet Kühkopf-Knoblochsaue. Hessens bedeutendstes Auenschutzgebiet im Wandel der letzten Jahre, 64-67.)

Einleitung

Neben den Vögeln sind sicherlich die Fische eine der interessantesten Tiergruppen, die in einer intakten Überflutungsaue zu finden sind. Allerdings sind die Fische nicht so gut zu beobachten wie Vögel und die Daten der Berufs- und Angelfischerei sind nur bedingt verwertbar. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass es wenig historische Daten zur Fischfauna des Naturschutzgebietes gibt. Erst seit 1975 werden intensivere Untersuchungen vom Forschungsinstitut Senckenberg zur Fischfauna durchgeführt, und erfolgten dann in regelmäßigen Abständen (Köhler 1989, Korte 1999, Lelek 1976b, 1978a, 1980a, 1981, 1983, 1991, Lelek & Köhler 1989, 1993, Schröder 1978). Seit 1994 erfolgt eine kontinuierliche Erhebung der Fischbestände.

Fischfauna in NSG Kühkopf-Knoblochsaue früher und heute

Die Fischfauna im Bereich des heutigen NSG Kühkopf-Knoblochsaue war schon immer vielfältig, dies wird unter anderem dadurch dokumentiert, dass die Fischgabel im Wappen des Ortes Leeheim zu finden ist. Da jedoch genauere historische Angaben zur Fischfauna des Gebietes fehlen, muss man aus alten Aufzeichnungen (Baldner 1666, , Lauterborn 1917, Lauterborn 1918, Nau 1787) auf das Arteninventar des Gebietes schließen. Man kann davon ausgehen, dass im Bereich des jetzigen Naturschutzgebietes 32 Arten vorkamen. Zwischen 1970 und 1975, also zum Höhepunkt der Gewässerverschmutzung wurden vom Forschungsinstitut Senckenberg erste systematische Untersuchungen zur Fischfauna im Naturschutzgebiet durchgeführt (Lelek 1976). Zu diesem Zeitpunkt kamen nur noch 17 der ursprünglich heimischen Arten vor. Desweiteren waren die eingebürgerten Fischarten Sonnenbarsch und Zander im Rhein zu finden (vgl. Tabelle 1). Die Artenzahl war zu diesem Zeitpunkt fast um die Hälfte zurückgegangen.
 
Durch den Rückgang der Verschmutzung im Rhein im Zeitraum zwischen 1975 und 1986 kam es zu einer Erholung der Fischbestände. Vor allem strömungsliebende Arten kehrten wieder in den Rhein zurück. Dann kam die Katastrophe von Sandoz, die einen kurzen Rückschlag bedeutete.
 
Im Rahmen der nun durchgeführten Anstrengungen wurde auch das Naturschutzgebiet wieder intensiver untersucht. Die Untersuchung zeigte eine Rückkehr von Hasel und Barbe, die vor allem im Neurhein und im Stockstadt-Erfelder Altrhein ihren Lebensraum haben. (Lelek & Köhler 1989). Auch Langdistanzwanderfische wie Meerforelle und Meerneunauge durchwanderten wieder das Gebiet und wurden weiter stromaufwärts festgestellt (Lelek & Buhse 1991). Die Artenzahl im Gebiet lag zu diesem Zeitpunkt bei etwa 21 Arten, von denen zwei Arten Neubürger waren.

Hier war auf der einen Seite also eine positive Tendenz bei den typischen Flußfischen erkennbar, auf der anderen Seite verschwanden jedoch mit Karausche und Steinbeißer typische Arten der Aue.

Seit 1994 werden kontinuierliche Untersuchungen zum Jungfischaufkommen im Naturschutzgebiet durchgeführt. Diese erstrecken sich erstmals auch auf die innerhalb der Aue gelegenen, ständig wasserführenden Kleingewässer. Diese intensive Untersuchung erbrachte im Zeitraum von 1994-2002 den Nachweis von insgesamt 36 Fischarten, von denen 25 für das Gebiet als heimisch angesehen werden. 11 Arten sind gebietsfremde Arten, die vor allem durch das Aussetzen in den Rhein gelangt sind und sich hier zum Teil fortpflanzen. Hier sind Rapfen, Weissflossengründling, Wels, Zährte, Blaubandbärbling, Zander und Moderlieschen zu nennen. Andere Arten wie der Graskarpfen oder Marmorkarpfen stammen aus Besatzmaßnahmen und pflanzen sich bisher nicht im Rhein fort und werden bei ausbleibendem Besatz wieder.

Arten, die in den letzten Jahren wiederentdeckt wurden sind Karausche, Bitterling, Schlammpeitzger und Steinbeißer. Während Schlammpeitzger, Karausche und Bitterling nur in wenigen Einzelexemplaren nachgewiesen wurden und selten im Gebiet zu finden sind, ist beim Steinbeißer eine starke Ausbreitungstendenz zu erkennen. Er wurde im Herbst 2001 im Stockstadt-Erfelder Altrhein mit vier Exemplaren erstmals seit 1975 für Hessen nachgewiesen. Im Jahr 2002 war er schon im gesamten Unterlauf des Stockstadt-Erfelder Altrheins zu finden.
 
Der Anstieg der Artenzahl im Naturschutzgebiet zeichnet ein positives Bild von der dortigen Fischfauna. Dennoch wird die Fischfauna von wenigen Arten dominiert. Dies wird durch das Jungfischaufkommen im Zeitraum von 1994-1997 verdeutlicht. Man erkennt, dass Brachsen und Rotauge die dominierenden Fische sind. Weiterhin sind noch Blicke, Flußbarsch, Wildkarpfen, Zander, Ukelei, Döbel, Rapfen, Sonnenbarsch, Hasel und Gründling regelmäßig vertreten.

Die anderen Arten erreichen nur geringe Anteile, allerdings muss man dabei berücksichtigen, dass der Wasserstand des Rheins einen starken Einfluss auf das Jungfischaufkommen hat und es so jährlich zu erheblichen Unterschieden kommen kann.
 
Zu erwähnen ist noch, dass das Naturschutzgebiet mit seinen Überflutungsflächen einen wichtigen Laichplatz für den Wildkarpfen darstellt. Der Wildkarpfen laicht nur dann ab, wenn er geeignetes, pflanzliches Laichsubstrat vorfindet, dies sind überflutete Vegetationsbereiche, wie Seggenrieder, Schlammlingsfluren und Schilfbestände. Diese sind im Naturschutzgebiet in ausreichender Anzahl vorhanden.
 
Da dem Wildkarpfen Laichsubstrat nicht immer auf Grund des Wasserstandes zur Verfügung steht, schwanken die Laichzeitpunkte zum Teil erheblich. So konnte der Wildkarpfen 1998 schon Anfang April, 1996 jedoch erst Mitte bis Ende Mai beim Laichen beobachtet werden. Die Laichphasen erstrecken sich somit auf den Zeitraum April bis Juni. Wenn der Wild­karpfen kein geeignetes Laichsubstrat vorfindet, kann er den Laichvorgang hin­auszögern. Werden später, durch steigenden Wasserstand, pflanzenbewachsene Gewässerrandbereiche geflutet, so beginnt er mit dem Laichgeschäft. Da die Wasser­stände am anthropogen veränderten Rhein stark schwanken, kann der Laich leicht trockenfallen. Der Wildkarpfen ist an diese stark schwankenden Wasser­stände sehr gut angepaßt. Zum einen ist er Portionslaicher, das heißt, es gibt mehrere Laichphasen, die in der Regel in einem Abstand von 14 Tagen liegen (Balon 1995).

Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das Naturschutzgebiet mit den Altrheinen und den permanenten Kleingewässern für viele im Rhein lebende Fischarten ein extrem wichtiges Laich-, Aufwuchs und Refugialgebiet ist. Hier haben gerade die Überflutungsflächen eine wichtige Funktion für die erfolgreiche Reproduktion typischer gefährdeter Fischarten der Aue, wie Hecht oder Wildkarpfen.

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